Qualitätssteigerung in Weinberg und Keller – Ist die Mostkonzentrierung eine Alternative?

Das Thema “Qualitätssteigerung in Weinberg und Keller” muss als ganzheitliches betrachtet werden. Hier spiegeln sich die fließenden Übergänge von Traubenerzeugung und Traubenverarbeitung wieder. Im folgenden Beitrag soll nicht auf die verschiedenen Möglichkeiten der Ertragsregulierung im Weinberg eingegangen werden, vielmehr wird auf die Versuche von Dr. Bernd Prior (DLR R-N-H, Dienstsitz Oppenheim) aus den Jahren 2002 und 2003 aufgebaut.

Können die im Weinberg unterlassenen Maßnahmen der Qualitätssteigerung durch Maßnahmen im Keller (Mostabzug und/oder Mostkonzentrierung) ausgeglichen, oder sogar gesteigert werden?
Dies war die Kernfrage für den Ansatz der Versuche im Herbst 2004.


Es bestanden schon seit Beginn der weinbaulichen Versuche Ansätze, diese in der oenologischen Abteilung fortzuführen. Neben den technischen Lösungen sowohl im Weinberg als auch im Keller dürfen die arbeitswirtschaftlichen Aspekte nicht vergessen werden. Die Arbeitszeitspitzen der Entblätterung, Traubenhalbierung und Ausdünnung müssen von den Betriebsleitern auch leistbar sein. Maßnahmen im Keller, z.B. Mostkonzentrierung oder Saftentzug, stellen sicherlich eine geringere Arbeitsbelastung dar. Sind aber die Ergebnisse (die Weine) der Verfahren im Weinberg und Keller qualitätsmäßig überhaupt vergleichbar, oder müssen prinzipiell Grundlagen im Weinberg geschaffen werden? Im Herbst 2004 wurden ertrags-regulierenden Maßnahmen im Weinberg bei den Rebsorten Weißburgunder, Chardonnay und Spätburgunder, qualitätssteigernde Maßnahmen im Keller (Mostabzug und Mostkonzentrierung) gegenübergestellt.
Nachfolgende Abbildung 1 zeigt einen Auszug aus einer Vielzahl von “Qualitätssteigernden Maßnahmen”, die im Most- und/oder Weinausbau eingesetzt werden können. In der Versuchsanstellung wurden vor allem die Verfahren Mostabzug und Mostkonzentrierung berücksichtigt. Beim Spätburgunder wurden insgesamt 21 verschiedene Varianten im Hinblick auf Qualitätssteigerung (z.B. Maischegärung, Kaltmazeration, Erwärmung am Gärende, Tanninzusatz, Schwefelzeitpunkt und Maischeerhitzung um nur einige zu nennen) ausgebaut.

Abbildung 1: Qualitätssteigernde Maßnahmen im Keller bei Weißwein bzw. Rotwein

Maischegärung, Anwärmen am Gärende und der Einsatz von Sauerstoff sind auf die Rotwein-
bereitung bezogen.
Der Rest kann sowohl bei Rotwein, als auch bei Weißwein angewandt werden.






Die Abbildung 1 erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, da verschiedene Mostbehandlungen, Schönungsmitteleinsätze und Filtrationsmöglichkeiten individuell eingesetzt werden können.


Versuch

Am Beispiel Weißburgunder ist die Versuchsanstellung erkennbar, die auch bei den Rebsorten Chardonnay und Spätburgunder angewandt wurde.


Tabelle 1: Weißburgunder – Ertrags- und Mostdaten

M-Konz = Mostkonzentrierung

Mostabzug = Saftabzug von 10% mit anschließender Maischestandzeit von 18 Stunden Kontrolle und M-Konz wurden direkt abgepreßt

Die Erträge kg/Stock zeigen trotz deutlicher Ertragsregulierung durch Trauben-halbierung vor dem Weichwerden der Beeren, nur geringe Unterschiede. Auch bei den Mostgewichten waren im Vergleich der Kontrollvarianten (Var. 1 und Var. 4) nur 4°Oe Unterschied festzustellen. Die Mostkonzentriervarianten (Var. 2 und Var. 5) wurden beide auf 107°Oe eingestellt.
Da die Unterschiede der Ausgangsmostgewichte zwischen der unbehandelten und ertragsreduzierten Variante nur bei 4°Oe lag, wurden die Konzentriervarianten (Anlagentest) beim Weißburgunder auf ein höheres Niveau eingestellt. Bei Chardonnay und Spätburgunder wurde die nicht ausgedünnte Konz.-Variante (Var. 2) auf das Niveau (°Oe) der Ausdünnung (Var. 4) angehoben, um den direkten Vergleich zu haben.
Die deutlichen Unterschiede in der Gesamtsäure sind auf die einzelnen Most-behandlungen zurückzuführen. Bei der Mostkonzentrierung nimmt die Gesamtsäure zu, bei der Maischestandzeit fällt vermehrt Kalium aus, wodurch eine Säure-reduzierung stattfindet.

Folgende Varianten stehen im Vergleich:

Var. 1: Kontrolle, ohne Behandlung in Weinberg und Keller

Var. 2: keine Maßnahme im Weinberg, Mostkonzentrierung im Keller

Var. 3: keine Maßnahme im Weinberg, Mostabzug und Maischestandzeit

Var. 4: Entblätterung und Traubenhalbierung im Weinberg


Die Var. 5 und Var. 6 ergänzen den Versuch, haben aber mit der eigentlichen Fragestellung nichts zu tun. Hier wurde auf die im Weinberg durchgeführten Maßnahmen noch eine Behandlung im Keller angehängt.


Tabelle 2: Analysenwerte der Weißburgunder-Varianten nach dem 1. Abstich





Die Mostkonzentrationsvarianten (Var. 2 und Var. 5) sind nicht durchgegoren. Dieses Phänomen wurde auch bei den Chardonnay und Spätburgunder-Weinen beobachtet. Diese Probleme traten schon bei den ersten Versuchen zur Konzentrierung (Dr. Heinrich Michel DLR R-N-H, Dienstsitz Oppenheim) aus dem Jahre 1998 auf. Das Fehlen der inneren Oberfläche brachte trotz höherer Hefeeinsaat und nochmaligem Hefeansatz zum Gärende keinen Erfolg. Ansonsten zeigen die hier aufgezeigten Daten, insbesondere Restzucker und zuckerfreier Extrakt ein sehr uneinheitliches Bild, was aber auf Grund der Versuchsanstellung zu erwarten war.

Für die sensorische Beurteilung wurden alle Varianten im Restzucker egalisiert. Als Tendenz in dieser frühen Entwicklungsphase war zu erkennen, dass die Variante Mostkonzentrierung ohne Ertragsregulierung (Var. 2) von allen Prüfern (n=15) signifikant bevorzugt wurde. Diese Tendenz war auch bei den Rebsorten Chardonnay und Spätburgunder zu beobachten.

Tabelle 3: Rangziffer Weißburgunder




Fazit:
1. Die mechanische Entblätterung der Traubenzone zum Zeitpunkt der Blüte bringt ideale Voraussetzungen für weitere Maßnahmen im Weinberg.
2. Die für den Weißburgunder exemplarisch aufgezeigten analytischen Ergebnisse sind auch bei Chardonnay und Spätburgunder zu registrieren.
3. Die Mostkonzentrierung ist eine Maßnahme um dichtere und komplexere Weine zu erzeugen. Ihre Anwendung wird sich aber auf Premium- und Selectionsweine beschränken.
4. Der vermehrte Arbeitsaufwand und die Kosten der Mostkonzentrierung sollten in die Kostenkalkulation der Betriebe eingerechnet werden. Diese Kosten müssen aber der Ertragsregulierung im Weinberg gegenübergestellt werden.
5. Der Mostabzug (MAZ) mit anschließender Maischestandzeit bis zu 18 Stunden stellt eine einfache Form der Qualitätssteigerung dar, muß aber in den Betrieben technisch umsetzbar sein. Man könnte diese Variante auch als “Mostkonzentrierung ohne Technik” bezeichnen.
6. Bei Spätburgunder Maischegärung sollte immer ein Mostabzug von 10-20% angewandt werden.
7. Die sensorische Bewertung Anfang Januar ergab eine Bevorzugung (Rangziffer signifikant) der Konzentrationsvarianten über alle Rebsorten hinweg.

Anlagen zur Mostkonzentrierung
In Kombination dieser Versuche konnten verschiedene Mostkonzentrieranlagen eingesetzt werden. Einige Anlagen wurden bereits im Herbst 2002 und 2003 in die Versuchstätigkeit eingebunden. Es wurden die Parameter:
Bedienung, Anlagenbau, Funktionsweise und Reinigung untersucht. Über die Modulbauweise, Belastbarkeit und Lebensdauer der Module kann keine Aussage gemacht werden, da hierfür größere Mengen und Langzeitversuche notwendig wären. Bei der Mostkonzentrierung unterscheidet man zwei verschiedene Verfahren:

1. Die in der Fruchtsaftindustrie gebräuchliche Vakuumverdampfung.
2. Das aus der Trinkwasseraufbereitung stammende Membranverfahren, Umkehrosmose

In der Praxis haben sich die Umkehrosmoseanlagen für die Winzerbetriebe durch-gesetzt. Hierfür sprechen hohe Stundenleistungen bei geringen Maschinenkosten. Höhere Kolloid- und Trubgehalte der Moste können aber Leistungsabfälle infolge Membranverblockung nach sich ziehen.
Um diesen Membranverblockungen vorzubeugen ist die Art der Vorklärung von entscheidender Bedeutung. Je nach betrieblichen Gegebenheiten können Flotation, Separator oder Sedimentation eingesetzt werden. Die Resttrubgehalte müssen deutlich unter 0,2 Gew.% liegen, um einen optimalen Durchsatz zu erreichen.
Die im Moment am Markt vorhandenen Anlagen sind auf die verschiedensten Betriebsverhältnisse abgestimmt. Der Fortschritt in der Anlagenentwicklung ist vergleichbar mit der Entwicklung bei den Flotationsanlagen. Umkehrosmoseanlagen mit einem Wasserentzug von 150 – 200 Liter in der Stunde liegen im Moment bei einem Preis von ca. 20.000,-- bis 25.000,-- Euro, je nach Ausstattung.

Tabelle 4: Mostkonzentrieranlagen – Umkehrosmose



In der Regel arbeiten die Anlagen automatisch, d.h. es wird die Menge an Wasser-entzug (Permeataustrag) eingestellt und die Anlagen
schalten selbstständig ab, wenn dieser Wert erreicht ist. Mostkonzentrierungssysteme sind das typische Betäti-gungsfeld von spezialisierten Lohnunternehmern, die ihre Dienste meist mobil anbieten. Die Preise der Lohnunter-nehmen sind nach der Menge bzw. dem Permeatentzug gestaffelt. Es ist mit Kosten von 0,50 Euro bis zu 1,50 Euro pro Liter Permeataustrag zu rechnen. Werden die Kosten auf die Gesamtmostmenge umgerechnet, so liegen diese bei einem Wasser-entzug von 15% zwischen 10 und 26 Cent pro Liter zuzüglich Energiekosten und die Anfahrtspauschale. Die Gesamtkalkulation ist deutlich höher, da 15% Wasserentzug auch 15% weniger Vermarktungsprodukt bedeutet.
Die Entwicklung und der Einsatz der Konzentrieranlagen wird auch in den nächsten Jahren im Zusammenhang mit weinbaulichen Fragestellungen beobachtet werden.

Terminhinweis:
Am Mittwoch, den 16.03.05 von 8.30 bis 12.00 Uhr findet am DLR R-N-H Dienstsitz Oppenheim ein Workshop Mostkonzentrierung statt.
Es erfolgt Mitte Februar aber eine separate Ausschreibung zu diesem Workshop.


11 Qualitätssteigerung im Weinberg.pdf

norbert.breier@dlr.rlp.de     www.DLR-RNH.rlp.de