2000 / 01 - (Un-)Krautmanagement auf Wegen und Plätzen

Unkraut kontra Wildkraut
In den letzten Jahren ist das Verständnis für die Belange der Umwelt und der ökologischen Zusammenhänge gestiegen. Spontan wachsende Pflanzen werden häufig als Wildkräuter bezeichnet. Zugegeben, die Unterscheidung zwischen Unkraut und Wildkraut ist nicht immer einfach. Dennoch ist sie notwendig. Lediglich das Wachstum von Unkräutern gilt es einzudämmen bzw. zu verhindern. Wildkräuter sollten sich dagegen aus ökologischen Gesichtspunkten heraus möglichst unbeeinträchtigt entwickeln. Ganz allgemein gesprochen, sind Unkräuter Pflanzen, die zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort wachsen. Im Acker-, Obst- und Gemüsebau müssen Unkräuter kontrolliert werden, weil sie Ertrag und Qualität der Ernte beeinträchtigen. Im kommunalen Bereich muß dagegen beurteilt werden, ob mit dem spontanen Pflanzenwuchs Gefahren verbunden sind, die Gegenmaßnahmen erforderlich machen.

Chemie-freie Alternativen
Bevor an den Einsatz von Pflanzenschutzmittel gedacht wird, muß geprüft werden, ob nicht mit zumutbarem Aufwand eine Chemie-freie Lösung umsetzbar ist.

a) mechanische Maßnahmen
Das teuerste Verfahren, um auf Herbizide verzichten zu können, ist zweifellos die Handarbeit. Auf bestimmten Flächen lässt sie sich aber durch geeignete Geräte mechanisieren:
  • Durch häufigeren Einsatz von Kehrmaschinen auf befestigten Flächen können problematische Unkräuter (Löwenzahn, Moose u.a.) weniger schnell Fuß fassen. Allerdings muß Bürstenmaterial und –stärke an die Belagsoberfläche angepasst werden, damit das Material nicht beschädigt oder das Fugenmaterial herausgekehrt wird .
  • Für wassergebundene Flächen (z.B. Friedhofswege) sind Spezialmaschinen verfügbar, die den Belag lockern, rückverfestigen und dabei die Unkräuter auf der Oberfläche ablegen.
  • Auf Ascheplätzen (Sportanlage) läßt sich unerwünschtes Unkrautwachstum durch den regelmäßigen Einsatz geeigneter Tennenpflegegeräte verhindern oder zumindest erheblich verzögern.

b) thermische Verfahren
Durch Einsatz fossiler Energieträger (Öl, Gas) wird unerwünschtes Pflanzenmaterial kurzzeitig auf 60-70° C erhitzt. Dadurch werden die getroffenen Pflanzenzellen zerstört. Die Geräte unterscheiden sich nach der Art der Wärmeübertragung:
  • Abflammen (offene Flamme, hohe Brandgefahr)
  • Infrarot (Wärmestrahlen, Brandgefahr geringer)
  • Wasserdampf (hoher Energieaufwand)

Ob und welche Alternativen in Frage kommen, hängt im Wesentlichen von den örtlichen Gegebenheiten ab. Vor dem Hintergrund der aktuellen Ökosteuer müssen die Energiekosten neu kalkuliert werden. Erfahrungsgemäß bilden die Personalkosten meist den begrenzenden Faktor.


Einsatz von Herbiziden
Gesetzliche Regelungen in Rheinland-Pfalz

a) Auf Bundesebene bestimmt das Pflanzenschutzgesetz (PflSchG), dass Pflanzenschutzmittel (d.h. auch Unkrautvernichtungsmittel, sogenannte Herbizide) nur auf land- und forstwirtschaftlichen, sowie gärtnerisch genutzten Flächen eingesetzt werden dürfen. Der Einsatz auf Flächen ohne Kulturpflanzenbewuchs (z.B. Wege und Plätze) ist grundsätzlich genehmigungspflichtig (§ 6.3).

b) Mit der Novellierung des Landespflegegesetzes (LPflG) 1987 ist man auf Landesebene erheblich über die Reglementierung des o.g. Bundesgesetzes hinaus gegangen. Gemäß § 7 (LPflG) ist in Rheinland Pfalz eine Herbizidanwendung im öffentlichen Grün grundsätzlich genehmigungspflichtig.


Genehmigungsfreie Flächen:
  • landwirschaftlich genutzte Flächen (Acker-, Obst- und Gemüsebau)
  • forstwirtschaftlich genutzte Flächen
  • Haus- und Kleingärten („bewirtschaftete Fläche“)

Genehmigungspflichtige Flächen:
  • öffentliche Grünanlagen (Parks, öffentliche Ziergärten, Straßenbäume, Schwimmbäder)
  • Sportanlagen, einschließlich Aschenbahnen, Tennisflächen, Golfanlagen etc.
  • Friedhöfe (Wege, Gräber, Bäume)
  • Parkplätze und Garageneinfahrten
  • Industriegelände (z.B. Tank- oder Materiallager)
  • Hofreite
  • Verkehrsflächen (Straßen, Gleise, Flugplätze)

Besonders sensible Bereiche
Wege und Plätze sind befestigte Anlagen deren Oberflächen mehr oder weniger stark versiegelt sind (z.B. Kies, Verbundsteine, Platten). Daher sind (im Gegensatz zum gewachsenen Boden) kaum Mikroorganismen vorhanden, die maßgeblich am Abbau der Herbizide beitragen.
Darüberhinaus ist meist ein ausreichendes Gefälle vorhanden um die Flächen zu entwässern. Damit ist die Gefahr eines Mittelaustrags durch Abschwemmung verbunden. Sofern zusätzlich ein Anbindung an das Kanalsystem besteht, können bei unsachgemäßer Handhabung Oberflächengewässerbelastungen hervorgerufen werden. Insbesondere der Wirkstoff Diuron verursacht diesbezüglich Probleme.

Genehmigungsbehörden
Entsprechend der Gesetzeslage sind in Rheinland-Pfalz Anträge auf Genehmigung zu stellen an:
  1. die untere Landespflegebehörde (Kreis- oder Stadtverwaltung): Nichtkulturland-Flächen und öffentliches Grün
  2. die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) in Trier: Nichtkulturland-Flächen

Genehmigungsverfahren
Anträge auf Genehmigung von Herbizidanwendung im kommunalen Bereich müssen in schriftlicher Form erfolgen. Für eine zügige Bearbeitung sind folgende Unterlagen unbedingt erforderlich:
  • genaue Flächenangaben (Bezeichnung, Lage, Größe)
  • ausführliche Begründung
  • Personal mit Sachkunde-Nachweis
  • Vorschläge zur Mittelauswahl

Dauerwirkung – kaum mehr möglich
Der Wunsch nach Herbiziden mit einer gewissen Dauerwirkung ist im Hinblick auf die Personalkosten verständlich. Die derzeit vorhandenen Präparate, allen voran Mittel mit dem Wirkstoff Diuron, sind mit erheblichen Auflagen versehen, so dass sie nur noch in Ausnahmefällen in Betracht kommen. Was bleibt sind Kontaktherbizide ohne Bodenwirkung, die nur die vorhandenen Unkräuter kontrollieren. Die Keimung weiterer Schadpflanzen wird nicht verhindert.

Kommunaler Bereich mit Vorbildfunktion
Die hohen gesetzlichen Hürden haben zum Ziel, die Anwendung von Herbiziden im öffentlichen Bereich auf das unbedingt notwendige Maß zu beschränken. Daher kommt im Rahmen der Antragstellung der ausführlichen Begründung besondere Bedeutung zu. Während die Erhaltung von Verkehrs- und Arbeitssicherheit oder die Verhinderung von Schäden an Bausubstanz diskussionsfähige Argumente sind, liefern ästhetische Gesichtspunkte alleine keine aussichtsreiche Begründung für Herbizideinsatz.
Darüber hinaus gilt es zu bedenken, daß Genehmigungen nur zeitlich befristet erteilt werden. Dadurch wird der Druck nach alternativen Lösungen verstärkt und aktuellen Entwicklungen im Zulassungsbereich der Herbizide Rechnung getragen.

Fazit:
Es muss versucht werden ein Standort-bezogenes Pflegekonzept zu entwickeln, das dazu beiträgt, den Unkrautdruck so niedrig wie möglich zu halten. Die Anwendung von Herbiziden kann dabei nur ein Ausnahmeverfahren sein mit dem Ziel, den bestehenden Unkrautdruck zu beseitigen, damit die übrigen Maßnahmen greifen können.

GrBl2000_01.pdf