Getreide-Futterproben in der Ernte ziehen

Stand: 06/22/2006
Autor: Detlef Groß, DLR Westerwald-Osteifel


Viele Landwirte, vor allem Schweinehalter, lassen die Nährstoffgehalte ihres Futtergetreides über die Futtermittelprüfringe an der LUFA untersuchen.
Besonders die Eiweißgehalte und damit die Gehalte an Aminosäuren können je nach Sorte, Düngung, Standort, Ertragsniveau und Witterungsverlauf stark von den Werten in der Futterwerttabelle abweichen. Aber auch Kornausbildung, Stärkeeinlagerung und damit der Energiegehalt des Getreides haben eine große Streubreite, wie die Untersuchungen der letzten Jahre zeigen.


Weizenfeld


Um eine bedarfsgerechte, aber kostengünstige Futtermischung für Schweine zu erstellen, ist das Ergebnis der Getreideuntersuchung eine wichtige Informationsgrundlage, da man nicht mit Tabellenwerten rechnen muss, sondern mit den Werten des eigenen Getreides, das man verfüttert, arbeiten kann.
Dann kann man in den einzelnen Leistungs- und Wachstumsphasen bedarfsgerecht füttern und Leistungseinbußen sowie eine Verfettung der Schweine vermeiden.


Schweine am Breiautomat


Oft wird angenommen, dass man über dass Hektolitergewicht (HLG) des Getreides, das beim Handel mit Getreide als Wertmassstab zugrunde gelegt wird, auch etwas über den Futterwert aussagen könnte.
Der Vorteil wäre, dass man das Hektolitergewicht schnell und kostengünstig auf dem Betrieb oder beim Handel feststellen kann und das Ergebnis direkt vorläge.
Aber leider besteht zwischen Hektolitergewicht und Eiweißgehalt des Getreides keinerlei und zwischen HLG und Energiegehalt nur ein schwacher Zusammenhang.
Dies belegen Untersuchungen der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen aus dem Jahr 2004, bei denen festgestellt wurde, dass es bei der Gerste keinerlei Beziehungen zwischen dem HLG und den Nährstoffen gab, bei Weizen und Triticale nur schwache Beziehungen. Lediglich beim Roggen deutete sich ein Zusammenhang an.
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        Die Getreideuntersuchungen erfolgen routinemäßig mit NIRS (Nah-Infrarot-Spektroskopie) an der LUFA in Speyer (gleiches gilt für Erbsen). Bestimmt werden Rohprotein, Rohstärke und die Energiegehalte (MJ ME). Auch der Zuckergehalt kann mit NIRS bestimmt werden, denn in manchen Erntejahren kommt es zu überdurchschnittlich hohen Zuckergehalten im Getreide - normal sind 2-3%, dadurch wird das Futter besonders schmackhaft und die Tiere fressen mehr.
        Die Gehalte der wertbestimmenden Aminosäuren Lysin, Methionin+Cystin, Threonin und Tryptophan werden aus dem Rohproteingehalt berechnet (Degussa-Schätzformeln für die einzelnen Getreidearten).
        Die Gehalte z.B. an Rohprotein schwankten bei den untersuchten Futterweizen-Partien der letzten Jahre zwischen 7,5% (!) und 14%, bei Erbsen zwischen 17% und 23%.
        Die Kosten für eine Getreideuntersuchung mit NIRS an der LUFA Speyer liegen bei 26 EUR zzgl. MWSt., Mitglieder von Futtermittelprüfringen erhalten 25% Rabatt. Diese Kosten stehen in keinem Verhältnis zu den Mengen an Getreide, die in einem größeren Ferkelerzeuger- oder Schweinemastbetrieb verfüttert werden oder zu dem Schaden, der durch nicht bedarfsgerechte Eiweißgehalte in der Mischung droht.
        Weizenkoerner
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        In manchen Jahren mit ungünstiger Witterung zur Zeit der Getreideblüte spielen Fusarientoxine im Getreide wie das Leittoxin Desoxynialenol (DON) oder das Zearalenon (ZEA) eine große Rolle.
        Besonders Weizen, Triticale und Hafer sind in solchen Jahren wie z.B. 2002 befallen, während im Jahr 2005 das Futtergetreide „sauber“ war.
        Da es sich bei Fusarien um Feldpilze handelt, deren Toxine sich im Lager nicht mehr vermehren, kann man das Getreide zur Untersuchung direkt in der Ernte beproben.
        Vor allem Ferkelerzeuger tun gut daran, ihr Futtergetreide vor der Verfütterung auf Fusarientoxine untersuchen zu lassen, denn Sauen und Ferkel reagieren sehr empfindlich vor allem auf Zearalenon. Dieses ist dem Fruchtbarkeitshormon Östrogen in seiner Struktur sehr ähnlich.
        Zuchtläufer zeigen bei ZEA-belastetem Futter eine Rötung und Schwellung der Scham sowie ein Anschwellen der Milchleiste, Jungsauen entwickeln oft keinen regelmäßigen Zyklus und müssen gemerzt werden.
        Bei älteren Sauen fallen erhöhte Umrauschquoten und Zysten an den Eierstöcken auf. Hat die Sau während der Trächtigkeit Futter mit erhöhtem ZEA-Gehalt gefressen, sind die Schamlippen der neu geborenen Ferkel oftmals gerötet und stark geschwollen, der Anteil tot geborener Ferkel ist auffällig erhöht und man beobachtet mehr Spreizer. Bei hohen Konzentrationen kommt es zu Frühgeburten bis hin zu Aborten.
        In Problembetrieben können durch die Schwächung des Bindegewebes häufiger Darmvorfälle bei Läuferschweinen und Erstlingssauen auftreten.
        Als Orientierungswerte für kritische Konzentrationen, d.h. Werte, bei deren Unterschreitung die Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Tiere nicht beeinträchtigt wird, werden für Schweine, die am empfindlichsten unter den Nutztieren auf diese Mykotoxine reagieren, angegeben:
        DON: 1000 mcg (= 1,0 mg)
        Zearalenon: 250 mcg allgemein und 50 mcg bei Ferkeln und Zuchtläufern
        (jeweils bezogen auf 1 kg Futtermischung und bei Tierbeständen ohne akutes Infektionsgeschehen!)
        Es muss bedacht werden, dass sich die kritische Konzentration nach unten verschieben kann, wenn Zearalenon in Verbindung mit DON auftritt. Das gleiche gilt, wenn bereits Gesundheitsprobleme im Bestand vorliegen. Dann werden auch die Symptome überlagert und es treten schleichende, chronische Krankheitsbilder auf.
        So zeigen sich erst ab 800 mcg DON die bekannten Symptome Futterverweigerung, schlechte Zunahmen und Aggressivität der Schweine, eine immunschwächende Wirkung beginnt aber nach Prof. Hamilton bereits ab 100 mcg, zu Stoffwechselstörungen, die zu vermehrtem Auftreten vom MMA und verstärktem Kümmern in Aufzucht und Mast führen, kommt es ab 200 mcg/kg. Typisch ist, dass plötzlich antibiotische Behandlungen keine Wirkung zeigen und nach einer Impfung kein ausreichender Impfschutz aufgebaut wird.
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        Eine Mykotoxin-Belastung von Futtermitteln kann über das ELISA-Verfahren oder über die Hochdruck-Flüssigkeitschromatographie (HPLC) nachgewiesen werden. Eine ELISA-Schnelltest-Bestimmung kostet an der LUFA Speyer
        31 EUR je Toxin und man bekommt recht schnell ein Ergebnis.

        Allerdings ist diese Methode nicht genau genug, um aufgrund eines so gefundenen Wertes Ansprüche an Handelspartner geltend zu machen.
        Dazu ist die teurere, aber genauere HPLC-Untersuchung nötig, die 82 EUR je Toxin kostet. Mit HPLC bestimmte Werte liegen in der Tendenz etwas niedriger als ELISA-Ergebnisse. So empfiehlt es sich also, Getreide und Mais zunächst mit dem ELISA-Schnelltest untersuchen zu lassen und erst das genauere HPLC-Verfahren nachzuschieben, wenn die Orientierungswerte überschritten sind.
        Gerstenfeld
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        Wichtig ist es, rechtzeitig vor der Ernte an die Probenahme des Getreides und den Versand der Proben zu denken. Denn die Untersuchung sollte am besten direkt nach der Ernte erfolgen und nicht erst im Spätherbst.
        Das LUFA-Ergebnis liegt meist 2-3 Wochen nach der Probenahme vor, das dürfte reichen, da man eh kein erntefrisches Getreide verfüttern sollte. Es wird ja allgemein empfohlen, das Getreide mindestens 4 Wochen vor Verfütterung zu lagern, da durch den Nachreifeprozess sonst heftige Verdauungs- und Fruchtbarkeitsstörungen eintreten können.
        Schwieriger ist oft die richtige Probenahme, denn als Probe benötigt man einen repräsentativen Querschnitt des Erntegutes. Daher ist die Probenziehung an sich der wichtigste Vorgang.
        Dazu sollte man aus möglichst vielen Ecken des Getreidestockes bis zu 10 Einzelproben von jeder Getreideart entnehmen und vermischen. Etwa 1 kg sollten dann im fest verschlossenen und beschrifteten Beutel an die LUFA verschickt werden ( LUFA Speyer, Obere Langgasse 40, 67346 Speyer, Tel. 06232-1360).
        Kostengünstiger und daher zu empfehlen ist jedoch die Probennahme und Einsendung über den örtlichen Futtermittelprüfring, dessen Betreuer am jeweiligen DLR zu erreichen sind.
        In vielen Getreidelagern kommt der Probenehmer aber nur an die oberste Schicht eines Silos oder an einen Eimer voll am Auslauf. Auch im Flachlager kann nur von vorne oder oben drüber entnommen werden. Das soll dann repräsentative Ergebnisse für Nährstoffe und Mykotoxine liefern für 100 to oder mehr einer Getreideart!
        Besser ist deshalb folgendes Vorgehen: Von jedem Kipper oder zumindest von jedem Schlag einer Getreideart wird in der Ernte etwas in einen bereitstehenden Bottich oder Sack gefüllt bzw. von Verdachts-Schlägen in ein seperates Behältnis.
        Oder man entnimmt später beim Umlaufen des Getreides in ein anderes Silo mehrere Proben. Dann wird dem Futtermittelprüfring der Wunsch zur Probennahme mitgeteilt.
        Der Probennehmer fährt auf seiner Tour den Betrieb an, entnimmt von den so hergestellten Sammelproben je eine Endprobe und veranlasst NIRS-Bestimmung und falls erforderlich einen ELISA-Test der Getreideproben, so dass rechtzeitig vor Verfütterung die Ergebnisse vorliegen.


Grundsätzlich sollte kein toxinbelastetes Getreide an Sauen verfüttert werden, jedoch kann bereits durch intensives Reinigen des Getreides zum Einlagern der Gehalt an Zearalenon um bis zu 75%, der an DON um bis zu 50% reduziert werden, denn Schmachtkörner sind mehr mit Fusarien befallen als normale Körner.
Versuche in Grub zeigten weiterhin, dass sich durch einen zweiten Reinigungsvorgang vor dem Verfüttern die Futteraufnahme bei Sauen und Ferkeln erheblich verbessern ließ.


Detlef.Gross@dlr.rlp.de     www.DLR-Westerwald-Osteifel.rlp.de