Schule für stolze Baumbesitzer - Allgemeine Schnittregeln bei Kirschen


Insgesamt ist bei Kirschen zu beachten, dass die Wundverheilung im Vergleich z. B. zum Apfel oder zur Birne schlechter ist, insbesondere bei Stammwunden und großen Astwunden, die leicht zu Gummifluß führen können. Daher sollten Schnitte wenn möglich stammfern ausgeführt und große Wunden vermieden werden. Überzählige Äste sollten nicht direkt am Stamm geschnitten, sondern wenn möglich belassen und kurz gehalten werden. Eine vorbeugende Maßnahme ist die Entfernung der oberen Knospen auf der Oberseite der Leitäste. Tendenziell sollte der Schnitt von Kirschen gegenüber dem Kernobst extensiver gehandhabt werden. Schnittwunden werden generell NICHT mit handelsüblichen Mitteln verschmiert, da in der aufgebrachten Schicht schnell Risse entstehen, durch die Feuchtigkeit auf das Holz gelangt, die dann nicht abtrocknen kann, wodurch Pilzbefall und Holzschäden begünstigt werden.
Im Gegensatz zu Kernobst verfügen die Kirschen über keine schlafenden Knospen. Daher muss beim Schnitt darauf geachtet werden, dass auf Blatt-, nicht auf Blütenknospen zurückgeschnitten wird. Blütenknospen sind rundlich, Blattknospen spitzer. Die Formen sind mit fortschreitender Saftaufnahme des Baumes im Frühjahr deutlicher zu unterscheiden. Anfänger sollten die Bäume daher eventuell lieber im späteren Frühjahr kurz vor der Blüte schneiden, auch wenn dies zu einer größeren Schwächung des Baumes führt als ein Schnitt im Frühwinter.
Der Schnitt von Buschbäumen und Halb- oder Hochstämmen unterscheidet sich grundlegend und wird daher hier getrennt beschrieben.

Hoch- und Halbstämme:
Ziel des Schnittes ist der Aufbau eines tragfähigen Kronengerüstes und die Erhaltung der Vitalität des Baumes. Zudem soll die Krone gut belüftet und belichtet sein, um das Auftreten von Pilzkrankheiten zu vermeiden. Daher steht in den ersten Jahren die Kronenentwicklung im Vordergrund. Fruchtertrag ist bei geschnittenen Kirschhochstämmen i.d.R. erst ab dem 7. - 12. Standjahr zu erwarten. Dafür sind sie dann aber auch über Jahrzehnte dankbare Träger. Bewährt für Obsthochstämme hat sich die Pyramidenkrone, der anzuwendende Schnitt wird Öschbergschnitt genannt.

Für einen guten Start - Der Pflanzschnitt
Für den Pflanzschnitt werden drei bis vier Seitenäste, die gleichmäßig um den Stamm verteilt sein sollten sowie der Mitteltrieb (Stammverlängerung) als Kronengerüst ausgewählt. Alle übrigen Äste werden auf drei bis vier Knospen zurückgeschnitten. Die Seitenäste (Leitäste) sollten ungefähr im 45°-Winkel zur Stammverlängerung stehen. Steiler stehende Äste werden mittels sogenannter Spreizhölzer abgespreizt, flachere Äste hochgebunden. Die Äste werden auf ein bis zwei Drittel gekürzt, wobei die Leitäste ungefähr gleich lang sein sollten. Die Stammverlängerung soll die Leitäste etwas überragen, so dass die Enden von Stammverlängerung und Leitästen ein flaches Dreieck bilden. Oben auf den Leitästen stehende Knospen werden entfernt.

Kindheit und Jungend in Sturm und Drang- der Erziehungsschnitt
Jungbäume benötigen in den ersten 5-10 Jahren zum Aufbau einer gut strukturierten Krone einen Erziehungsschnitt, der im Winter bis frühem Frühjahr erfolgen sollte.
In der Erziehungsphase werden die Stammverlängerung, die Leitäste sowie die Fruchtäste 1. Ordnung jedes Jahr um ca. ein bis zwei Drittel zurückgeschnitten. Es wird hier auf eine nach außen zeigende Blattknospe geschnitten. Die Leitäste sollen dabei wieder ungefähr alle in gleicher Höhe abgeschnitten werden ("Saftwaage"). An den Leitästen werden die nach innen wachsenden Äste auf 3 - 4 Knospen gekürzt, die nach außen wachsenden Äste ebenfalls zurückgeschnitten, so dass sie deutlich kürzer als der Leitast sind. In den Folgejahren werden die an den Leitästen nach außen wachsenden Seitenäste 1. Ordnung weiter angeschnitten. Das entstehende Seitenholz 2. und 3. Ordnung wird unbeschnitten gelassen und entwickelt sich zu Fruchtholz.
An der Stammverlängerung werden waagerechte Äste belassen, alle anderen auf 3 - 4 Triebknospen gekürzt. Die waagerechten Äste werden, wenn sie in die Leitäste hineinwachsen, ebenfalls gekürzt.

"In den besten Jahren" - der Erhaltungsschnitt
Wenn der Baum seinen angestrebten Kronendurchmesser fast erreicht hat, kann der Erziehungsschnitt extensiviert und dann nach und nach beendet werden. Das Anschneiden der Leitäste sowie der Stammverlängerung und der Seitenäste 1. Ordnung unterbleibt. Schnittmaßnahmen werden nun nur noch in 2 - 3-jährigem Abstand durchgeführt. Ziel des Erhaltungsschnittes ist die Bewahrung der Vitalität des Baumes und die Erhaltung der Kronenstruktur. Der Schnitt beschränkt sich nun auf das Auslichten zu dicht stehender Partien in der Krone und das Entfernen von Konkurrenztrieben der Leitäste. Es ist hier ein Gleichgewicht von Baumvitalität und Fruchtertrag anzustreben (Jahrestrieb von 20 - 30 cm).

"Jungbrunnen für alte Herrschaften" - der Verjüngungsschnitt
Altbäume, die länger nicht geschnitten sind, neigen zum "Vergreisen". Die Neutriebe werden immer kürzer und das Fruchtholz überaltert. Oft sind die Kronen dicht zugewachsen, was die Belüftung und Belichtung behindert. Die meisten Früchte hängen dann in unerreichbaren Höhen, weshalb die Beerntung kaum noch möglich ist.
Die Kronen solcher Bäume können vorsichtig ausgelichtet werden, wobei den o. b. Schnittprinzipien zu befolgen sind. Kräftige, die Leitäste überragende Äste im Inneren der Baumkrone werden zurückgenommen. Auch wird das Fruchtholz verjüngt, indem man das älteste, bei den jeweiligen Ästen zuunterst angewachsene Fruchtholz entfernt. Stammwunden und überhaupt große Wunden über 10 cm Durchmesser sind möglichst zu vermeiden. Solange die Bäume noch einen mäßigen Neutrieb zeigen, ist der beste Schnittzeitpunkt der Sommer zur Erntezeit, wobei man gleich die sonst unerreichbaren Früchte ernten kann und die Wundverheilung besser ist.
Sehr alte, stark vergreiste Kirschbäume müssen sehr vorsichtig geschnitten werden, wobei sich der Verjüngungsschnitt über mehrere Jahre erstrecken sollte. Bester Zeitpunkt ist hier das Winterhalbjahr. Im ersten Jahr wird nur ein vorsichtiger Fruchtholzschnitt vorgenommen. Man prüft, ob der Baum im Jahr darauf mit Neutriebbildung reagiert. Ist das der Fall, kann im nächsten Jahr weiter und ggf. auch etwas kräftiger geschnitten werden. Ist keinerlei Reaktion des Baumes zu beobachten, sollte auf weiteren Schnitt verzichtet werden.

Kirschzwerge - Buschbäume auf schwachwuchsinduzierenden Unterlagen:
Auch Buschbäume müssen regelmäßig geschnitten werden. Buschbäume werden meist als Spindel erzogen, wobei sich die Seitenäste wie bei einem Tannenbaum gleichmäßig um die Hauptachse verteilen. Pflanzschnitt und Erziehungsschnitt folgen dabei denselben Regeln:
Die Seitenäste sollen möglichst waagerecht stehen und werden nicht angeschnitten. Steilere Äste werden runtergebunden oder auf waagerechte Triebe abgeleitet. Auf den waagerechten Ästen stehende Äste werden entfernt. Der Mitteltrieb wird ca. 30 cm über dem letzten waagerechten Ast abgeschnitten. Das Formieren der waagerechten Triebe kann auch bereits im Sommer erfolgen, wenn die Seitentriebe noch biegsamer sind.
Bei älteren Bäumen kann die Mittelachse heruntergenommen und auf einen waagerechten Ast abgeleitet werden. Ebenfalls werden die waagerechten Äste, wenn sie zu lang geworden sind, auf einen stammnäheren Seitenast abgeleitet.